Mittwoch, 25. Juli 2018

23. Juli 2018 - Anreisetag / Wo werden wir heute nacht schlafen???

Wir sind abreisebereit. Christine, eine Freundin aus unserem Verein, ist so freundlich und fährt uns zum Flughafen


Flug Nummer AF1325: von Bremen nach Paris. Unspektakulärer Verlauf. Ankunft auf dem Flugplatz Charles de Gaulle (Karl, das Pferd) pünktlich um 11:35. Toll, es geht um 12:30 weiter nach Amsterdam. Bleibt noch Zeit, mit meiner lieben Nicole in der Stadt der Liebe ein Croissant zu essen...




Auf dem Flugplatz Charles de Gaulle ("Karl der Gaul - wieso wird ein Flugplatz nach einem Pferd benannt?) auf dem Weg zum Flugsteig F34. Freundliche Schaffner haben uns den Weg gewiesen...

Ein romantischer Gedanke, der jedoch schnell verpufft, nachdem wir genötigt wurden, eine Stadtrundfahrt mit dem Bus zu unternehmen. Naja, denke ich, warum nicht? Also steigen wir ein und fahren los. Der Bus ist total unbequem, stinkt nach Diesel und hat kaum Sitzplätze. Wir fahren an unzähligen grauen Lagergebäuden und Hallen vorbei. Jede Menge Flugzeuge stehen im Weg herum oder kreuzen unsere Bahn. Krasse Stadt, dieses Paris. Und keine Spur von Eiffelturm, Arc de Triomphe oder Notre Dame. Wahrscheinlich alles nur Touristen-Nepp, der in echt gar nicht existiert. Wir werden an einem dieser grauen Gebäude abgeladen. Wieder ein Terminal. Stadtrundfahrt ist beendet. Wir hasten die elendig langen Gänge entlang bis wir Flugsteig F34 erreichen. Hier steht ein Flugzeug rum, das uns nach Amsterdam fliegen soll...




13:50. Wir landen in Amsterdam. Windmühlen, Käsemeisjes und Holzpantinen erwarten uns... eher nicht. Wir stoffeln mit unserem Handgepäck durch die Gänge, müssen irgendwo rechts durch einen kleinen Gang zum Terminal E17. Wir besorgen uns noch etwas zu essen, vegetarische Baguettes und je eine Flasche Wasser. Der Flugsteig wimmelt vor Menschen, vornehmlich dunkler Hautfarbe. Hier sind wir richtig. Die wollen bestimmt auch alle nach Afrika. Obgleich wir die Reise über Air France gebucht haben, wird dieser Langstreckenflug von KLM abgewickelt - Gott sei Dank! Holländisch klingt auch viel niedlicher als dieses Frenglisch bei Air France. Da hab ich immer kein Wort verstanden. Das Flugzeug ist eine Boing 777. Wir sitzen in Reihe 40 alle nebeneinander in der Mitte. Da noch irgend so ein Dödel sein Gepäck zu spät aufgegeben hat oder dieses in einen falschen Container gewuchtet wurde, müssen die Koffercontainer unseres Flugzeuges nochmal entladen werden. Startverzögerung dadurch: Eine volle Stunde!

Nicole und Dominik suchen noch ihre Plätze

https://www.youtube.com/watch?v=e5rAQ-tNWuc
Boeing 777-200 Take off 


Ein fliegender Kinosaal mit einer Riesenfilmauswahl, Musik, TV-Serien, Spielen... Da wird uns bestimmt nicht langweilig.
Um 16:00 heben wir dann endlich ab. Das Flugzeug schwenkt über Belgien in Richtung ... nein, nicht Frankreich! Wir fliegen am Rhein entlang Richtung Süden. Passieren die Alpen, das Mittelmeer, die Sahara, diverse afrikanische Länder in denen gerade Bürgerkriege toben bis hinunter nach Ghana. Wir kriegen von alldem kaum etwas mit, zum einen, da wir in der Mittelreihe sitzen (links und rechts je ein Gang und dann nochmal je 3 Sitzplätze), und somit nicht aus dem Fenster gucken können, zum anderen, da wir in unsere Spielfilme vertieft sind. Ich kann endlich Gran Torino und In Liebe Vincent gucken, den ölgemälde-animierten Film über die letzten Tage des genialen Vincent van Gogh. Das Flugzeug scheint bergab mit Rückenwind geflogen zu sein, da wir die Stunde Verzögerung bis auf 15 Minuten Verspätung wieder eingeholt haben. In Accra angekommen, beschlägt das komplette Flugzeug, so dass wir zunächst glauben, es regnet hier: an den Fenstern rinnt der "Regen" hinab. Als wir endlich aussteigen können, staunen wir, dass es gar nicht geregnet hat. Die Luft hat gefühlt 120% Feuchtigkeit. Wir sind in null komma nix klatschnass. Und wieder machen wir eine Stadtrundfahrt. Diese hier ist eine Lichterfahrt, da es schon stockdunkel ist in Ghana. Und wir fahren auch nicht weit, da müssen wir schon wieder aussteigen. Akwaaba Ghana! Die knapp 500 Leute aus dem Flieger passieren zunächst einen Gang, in dem Tische im Weg stehen, an denen uns freundliche Damen unmissverständlich zu verstehen geben, stehenzubleiben und den Impfausweis zu zeigen. Hastig blättere ich die Seite mit den Tetanus und Schluckimpfungen auf. Die Dame schaut sich die prüfend an und winkt mich durcht. Schwein gehabt. Eigentlich wollte sie den Eintrag für die Gelbfieberimpfung sehen. Die hab ich auch. Aber ich dachte, ich lass es mal drauf ankommen ;-) Als nächstes kommt dann die sehr zeitaufwendige Passkontrolle. Man steht in langen Schlangen vor so Schaltern, an denen steht: "Non-Ghanaian" oder "Ghanaian Residents" oder "Other Nationalities". Wir stellen uns an letzteren an. Als wir nach ca. 40 Minuten an der Reihe sind, winkt uns der Officer zu einem "Ghanaian Resident" Schalter. Naja, denke ich, nun ist's auch egal. Wir zeigen unsere Pässe, er prüft, tippt etwas in den Computer, richtet eine Web-Cam auf uns und macht ein Begrüssungsfoto von jedem von uns. Leider haben wir keinen Ausdruck davon erhalten. Vielleicht bei der Ausreise dann. Nachdem er unsere bunten Ghana-Business-Visa begutachtet hat, lächelt er müde und winkt uns durch. So, jetzt nur noch schnell die Koffer abholen und nichts wie raus hier. Regina wird schon auf uns warten. Doch auf diesem Gepäck-Karrussel fahren lediglich ca. 10 Koffer im Kreis, die niemand haben zu wollen scheint. Dafür stehen aber ca. 250 Leute noch drumherum und warten. Es kommt eine Durchsage, dass man bereits einige Koffer beiseite bereit gestellt hat, man solle auch dort schauen. Eine hektische Unruhe macht sich breit - bei den Non-Ghanaian. Alle anderen bleiben einfach stehen und warten. Ok, wir teilen uns auf. Dominik und Doro schauen auf dem linken Flügel, ich rechts direkt am Kofferauswurfloch. Nicole passt auf unser Handgepäck auf. Wir schauen und schauen. Doro hat als erste ihren Koffer gefunden. Von unseren fehlt nach wie vor jede Spur. Nach ca 30 Minuten Kofferbegutachtung, schauen wir in der gesamten Halle nach Kofferstapeln, in denen möglicherweise unsere Koffer und Taschen verborgen sind. Und tatsächlich: Doro wird fündig. Sie hat einen Blick dafür. Gleichzeitig finde ich unsere 2. Reisetasche. Nun sind wir komplett und können raus hier - nicht, ohne vorher links vorm Ausgang noch Euro in Cedi umzuwechseln. Dann endlich können wir Regina und Frank in die Arme nehmen. Leider ist hier das Fotografieren verboten, so dass ich diesen rührigen Moment nicht im Bild festhalten konnte. Dafür gibt's einen Blick auf das Koffer-Karrussel. Diese Halle ist kleiner, als die in Bremen. Nur dass Bremen ein Provinzflugplatz ist und Accra sich International Airport schimpft.

Gepäckausgabe - wo sind nur unsere Koffer?!?

Nach der ersten Wiedersehensfreude (besonders für Doro, die ihre Mama erstmal fest geknuddelt hat), gab es für Nicole, Dominik und mich einen Wermutstropfen: Das Taxi wird uns NICHT zu unserem Haus bringen können, wir werden die erste Nacht woanders verbringen! Regina hätte da etwas für uns arrangiert. Wir schauen uns verwirrt an, dann erklärt Regina, wir würden morgen zum Gästehaus fahren und dann sehen, warum es heute Nacht unmöglich ist, dahinzufahren... Hmm, wir müssen das hinnehmen, bleibt uns ja nichts anderes übrig.
Wir teilen uns auf 2 Taxis auf: Die Damen in ein Taxi, Frank, Dominik und ich in ein anderes Taxi. Frank weist den Fahrer auf Gha oder Twi an, wohin er uns fahren soll. Na, dann mal los.
Wir kommen an der Stelle vorbei, wo ich vor 5 Jahren beim Versuch, meine Taschen in den Kofferraum zu wuchten, mit einem Bein komplett in ein Gatta gerutscht bin. Dann erkenne ich Lapaz wieder, ein Strassenzug mit Geschäften, jeder Menge TroTros und lauter Musik. Als wir dann rechts abbiegen, habe ich komplett die Orientierung verloren. Es gibt keinen Asphaltbelag mehr, nur rote Tonerde und Geröll. Das Taxi - mit 4 Leuten incl. Taxifahrer und dem ganzen Gepäck eigentlich schon völlig überfüllt -  quält sich die holperige Buckelpiste entlang. Wir biegen mal links, mal rechts ab, die Strassen werden immer unwegsamer. Wir werden ordentlich hin- und hergeschüttelt Mit jedem Schlagloch setzt Schnappatmung ein und ich stosse mit dem Kopf mal an die Decke, mal an den Holm. Durch das Geschüttel ist es kaum möglich, irgendein Schild zu lesen. Unfassbar, wie der "Pilot" dieses rostumrundeten Vehikels überhaupt noch die Orientierung findet. Aber irgendwann sagt Frank, wir wären da.
Ich öffne die Beifahrertür, indem ich am Griff ziehe und mich gegen den Verschlag werfe. Mit einem knarzenden Geräusch spuckt mich der Toyota Starlet, Baujahr 1978 (...) in den roten afrikanischen Staub. Frank hilft mir auf und stützt mich - meine Beine haben noch nicht ihre mir sonst so vertraute Stabilität zurückgewonnen. Das Gepäck wird ausgeladen und Frank bezahlt den Fahrer.
Da sind wir nun, vor uns ragt das rostig-schwarze Eingangstor der Da Vinci School in die Höhe. Links und rechts erstreckt sich die weisse Mauer mit dem schicken Mäander-Muster, das Regina seinerzeit von Hand auf die zuvor ebenfalls von ihr weiss getünchte Wand gemalt hat. Auf der rechten Seite ist das Logo der Schule zu sehen, mit der Telefonnummer und den wichtigsten Kenndaten der Schule. Jetzt sehe ich, dass seit meinem letzten Besuch die weisse Farbe stellenweise abgeplatzt ist und die tonrote Farbe der Strasse die Wand hochgekrochen ist.
Es gibt ein Security-Häuschen rechts vom Tor und ein grossen Foto-Transparent, das auf das kommende Abschlussfest hinweist.
Frank öffnet uns das schmiedeeiserne Tor und lässt uns in den Innenhof. Über die Veranda gelangen wir ins schattige Innere des Hauses. Wir sind die Ersten. Das Damen-Taxi ist noch unterwegs. Frank bietet uns etwas zu trinken an und fragt uns, wie es uns geht. Er ist genauso aufgeregt, wie wir.
Eine ganze Weile später kommt das zweite Taxi. Frank stürzt sofort los und ist beim Ausladen des Gepäcks behilflich. Er möchte am liebsten alles alleine schleppen.
Wir sitzen noch einen Augenblick in Regina's Büro beisammen. Sie erkärt uns, dass sie für uns ein günstiges Hotel in der Nähe für diese Nacht gebucht hat. Wir machen uns zu Fuss auf den Weg, nehmen nur Handgepäck mit. Nach ungefähr einem halben Kilometer Fussmarsch erreichen wir ein Hotel, genau gegenüber einem sog. Spot, einer Art Party-Biergarten, aus dem so laute Musik dröhnt, dass jede Unterhaltung unmöglich wird.
Wir gehen auf die Zimmer und verabschieden uns bis morgen von unseren Freunden. Lediglich Doro bleibt in der Schule, bei ihrer Mutter, ist ja klar.
Wir duschen, so gut es dort eben geht und legen uns schlafen - mit Oropax in den Ohren. Ich wälze mich hn und her, weiss nicht, wie ich liegen soll. Die Matraze ist härter als ein Feldbett beim Komiss. Nicole ist dennoch bereits nach wenigen Minuten eingeschlafen. Das Oropax drückt mir in den Ohren und ich kann mich selbst von innen atmen hören - die laute Musik dringt - zwar gedämpft - immer noch an mein Ohr. Irgendwann muss ich dann wohl das Bewusstsein verloren haben.
Unsere erste Nacht in Ghana - hatte ich mir ETWAS anders vorgestellt...

Erste Eindrücke
Wir sind eingecheckt

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen