Freitag, 27. Juli 2018

Tag 1 - Erste Eindrücke in der Schule / Aufbruch zum Gästehaus

Dienstag, 25. Juli 2018, 1. Teil
... Wellen plätschern an den Strand, gedämpft. Affen hocken oben über mir in den Palmen, schreien sich an und bewerfen sich mit Kokosnüssen. Sie können gut werfen - und fangen. Nur einer nicht. Er lässt die Nuss fallen, ich kann knapp ausweichen. Das Geschoss streift meine Schulter. Ich schimpfe nach oben, kann meine eigene Stimme aber irgendwie nur seltsam gedämpft von innen hören. Ich bin müde, kann die Augen kaum aufhalten. Neben mir trötet ein Elefant. Er soll ruhig sein, ich möchte schlafen. Hier am Strand ist es so schön. Der Elefant lässt sich nicht beirren und trötet immerzu. Warum macht er das?
Hinreichend verwirrt öffne ich die Augen. Nicole sitzt auf der Bettkante und betrachtet andächtig ein Papiertaschentuch, das sie in den Händen hält...
Ich puhle mir das Oropax aus den Ohren und pendle noch zwischen der Traumwelt am Strand und dem muffigen Hotelzimmer, in dem es seltsamerweise sehr verkokelt riecht.

Es ist Dienstag, 24.07.2018 06:50.
Nicole strahlt mich an und wünscht mir einen guten Morgen. Sie ist sichtlich ausgeschlafen. Ich bedanke mich bei meinem "Benjamin Blümchen" für das sanfte Wecken, und frage, warum sie so früh schon hoch ist. Sie antwortet, wir hätten verschlafen, es wäre gleich schon 09:00 und Regina würde uns zum Frühstück erwarten. Ich hole Luft, um zu antworten, doch bevor ich es aussprechen kann, schlägt sich Nicole mit der flachen Hand vor die Stirn und meint: Oh, sorry, mein Fehler. Meine Uhr steht noch auf deutscher Zeit.
Ich lasse mich ins Bett zurückplumpsen und schliesse die Augen. Doch der Strand ist verschwunden...

Es ist 08:40, als Frank uns abholt. Wir sind inzwischen abreisebereit. Dominik hat sein Zimmer geräumt und den Schlüssel der Putzfrau vermacht, Nicole nimmt noch einen Hieb Nasenspray und ich schaue aus dem Fenster: Gegenüber vom Hotel sitzen zwei Frauen vor einer Baracke auf einer Mauer - jede hat eine Rolle Klopapier in der Hand. Auf der anderen Seite der Mauer schwelt ein Feuer vor sich hin. Plastiktüten und sonstiger Unrat scheinen dort verbrannt zu werden. Der beissende Rauch zieht in Richtung Hotel. Ein Geruch, der uns für den Rest der Reise noch begleiten soll, denn diese Art der Lagerfeuer sind landestypisch.

Müder Blick aus dem Fenster
Dominik hat auch ausgeschlafen...

Obwohl es nur gute 500m bis zu Regina's Schule sind und wir lediglich unser Handgepäck dabei haben, hat Frank uns ein Taxi organisiert. Kosta fast garrrnix. Also steigen wir in das kleine Auto ein und lassen uns zur Schule fahren.
Dort angekommen, sehe ich erst richtig, wie stark die Mauer, die bei meinem letzten Besuch noch so schön weiss war, doch schon unter der Witterung gelitten hat:

Die Da Vinci International School

Da wäre mal ein Quast voll frischer Farbe fällig. Dinge, die Regina durchaus auf dem Zettel hat, jedoch wo ihr auch die Zeit und die Mittel fehlen.
Die Gute wartet bereits auf uns. Doro hat sich zurückgezogen - sie verträgt die Malaria-Tabletten nicht sonderlich gut. Egal, welches Präparat man nimmt - sie haben alle irgendwelche Nebenwirkungen. Aber alles ist besser, als sich hier noch eine Malaria einzufangen.
Regina fragt uns, ob wir einfach nur Brot, Marmelade und Kaffee möchten, oder bereits etwas Warmes - wie Wakyee (sprich: Watschee) essen können. Auja, Wakyee, das ist lecker und nahrhaft - kenne ich noch von meinem letzten Aufenthalt. Ein Gericht aus Reis, Bohnen und Salat, scharf gewürzt mit einem gekochten Ei darin. Nicole und Dominik sind hingegen noch unschlüssig. Wir beschliessen, Frank beim Einkauf dieser Mahlzeit zu begleiten. 
So laufen wir ein Stück, bis wir eine kleine Garküche finden, an der schon eine kleine Schlange von Menschen steht, die ebenfalls warten, etwas zu essen bestellen zu können. Da Frank die Besitzerin kennt, geht es für uns etwas schneller :-)

Zu Frank: er ist so etwas, wie ein Ziehsohn Regina's. Sie trafen sich, als Regina neu hier war und in einem Internetcafe mit Familie und Freunden in Deutschland chatten wollte. Dort war Frank als "Operator" eingestellt, da er sich mit Computern gut auskennt. Es entstand eine Freundschaft und Frank hat für Regina viel gedolmetscht, sie auf Behörden begleitet und im Umgang mit Ghanaern "geschult". Sie wiederum hat ihn dabei unterstützt, ein eigenes kleines Internetcafe zu eröffnen. Da er seinerzeit keine wirklich feste Wohnung hatte und viel bei Freunden untergebracht war, bat Regina ihm ein kleines Zimmer in der Schule an. Mittlerweile hat Frank einen kleinen Sohn (Florian, der auch hier zur Schule geht) und lebt mit ihm und seiner Freundin in einer eigenen kleinen Wohnung. Er betreibt ein eigenes kleines Tonstudio und macht Musik, veröffentlicht eigene CDs und produziert in seinem kleinen Studio auch für Bekannte und Freunde. Im lokalen Radio und Fernsehen durfte er auch bereits auftreten!
Hier ein Link zu einem seiner Videos (das übrigens in Regina's Schulhof auf der Bühne unter dem Mangobaum entstanden ist ... Ihr werdet den Platz später noch zu sehen bekommen...)




Zurück in der Schule geniessen wir Wakyee ... d.h. Frank und ich geniessen Wakyee. Frank ist besorgt, dass besonders Dominik das afrikanische Essen nicht bekommen könnte. Der Gute macht sich echt Sorgen. Und so essen Nicole und Dominik Zwiback und Brot. Dazu trinken wir Kaffee. Dazu muss man wissen, dass den Afrikanern - und unter ihnen besonders den Ghanaern - der Kaffee überhaupt nicht bekommt. Daher trinkt Frank lieber Cola...
Wir erzählen von unserem Flug, den Urlaubsplänen, die wir haben und hören, wie die Vorbereitungen für die Graduation Feier laufen.
Frank spielt uns eine Menge seiner Songs vor und erklärt uns zu jedem dieser Lieder den Hintergrund und die Bedeutung. Oft ist die ghanaische "Kirche" - sein Lieblingsfeind - das Thema des Liedes.... Lokale Sozialkritik an der Scheinheiligkeit der ghanaischen Kirchen - und derer gibt es viele, sowie der skrupellosen Ausbeutung der gutgläubigen oft bettelarmen Menschen, die für die Kirche ihre letzten Cedis opfern. Immerhin verspricht der Priester ja Heilung, Reinigung der Seele und was sonst noch einen hohen Stellenwert bei der armen Bevölkerung Ghanas hat. Das Video oben im Link thematisiert dies in Text und Bild.

Nachdem wir so den Tag in Regina's Schule genossen haben, hat Frank, die "gute Seele", uns ein "Taxi" organisiert, das uns nach Ablekuma, einen anderen Stadtteil Accras, ca. 6km Luftlinie von Sowotuom entfernt, bringt.
Dort haben wir das Gästehaus über FeWo-direkt gebucht...  

 ...und so sitzen wir in einem kleinen Taxi, das uns in unser Ferienhaus bringen soll.

Das Taxi ist ein klitzekleiner Kleinwagen von der Sorte Nissan Micra. Wir quetschen uns samt Koffer in das Subminiatur-Fahrzeug, Frank nimmt den letzten Koffer auf den Schoß und los geht's. Hierzulande würde man sagen: querfeldein. Bei genauerem Hinsehen, kann man aber durch den aufgewirbelten roten Staub erkennen, dass links und rechts Häuser, Hütten, Viehställe und kleine Lädchen und Verkaufsbuden stehen. Es muss also so etwas wie ein Feldweg sein. Der Fahrer vermeidet es konsequent auf eine asphaltierte Strasse abzubiegen, die es hier durchaus auch gibt. Irgendwann geht es dann doch für ein paar hundert Meter auf eine breite asphaltierte Strasse. Die ist sogar vierspurig. Aber bevor wir uns dran gewöhnen können, biegt der Fahrer rechts bei einer Tankstelle ab. Direkt davor ist ein Marktplatz auf dem es hoch her geht. Obst, Gemüse, Getränke und Tierkadaver kann man dort käuflich erwerben, wie ich bei einem flüchtigen Blick durch's staubrot-verkrustete Beifahrerfenster sehen kann. Mitten in der Meute steht so etwas wie ein Prediger auf einer Fußbank und predigt - mit einem Megaphon lautstark bewaffnet. Hallelujah!
Wir fahren nun die Agape Highstreet hinauf. Da oben irgendwo ist unser Gästehaus.
Gleich hinter einem Taxistand biegen wir jedoch wieder rechts ab. Es geht noch steiler hinauf. Der alte Micra gibt alles: Stoßdämpfer, Ölwanne, Frontschürze - ständig schranzt sich ein Stück Auto auf den steinigen Innereien dieser Paßstraße tiefe Furchen ins Metall. Der Weg windet sich ca 2 km bis ganz nach oben auf den McCarthy Hill. Die Querlenker knarzen und quietschen, jeden Moment rechne ich damit, dass wir die Böschung hinabrutschen. Endlich bleibt das Vehikel erschöpft schnaufend vor einem grossen Eisentor in einer gekalkten Wand stehen. Wir sind da...

Ein typisches ghanaisches Taxi


Ankunft im Gästehaus
Anreisetag




Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen